Auch ich heisse dich herzlich wilkommen bei uns. ^^
Ich weiss nicht, da dein Post schon eine Weile zurück liegt, wie aktuell das Thema noch ist. Auch kann ich mir unter Konfirmation und Jugendweihe und Ähnlichem nur aus Distanz etwas vorstellen. Das einzig ähnliche, dass ich kenne, ist die Bar/Bat Mitzva und auch dort war ich immer nur als Aussenstehende zufällig dabei, da ich zur Zeit nur zum wöchentlichen Schabbat anwesend war, weil ich damals überlegte jüdisch zu werden. Daher kann ich in der Hinsicht wahrscheinlich eh nicht viel Einsicht bieten. Ich habe das Gefühl, dass solche Übergangsrituale in meiner Heimat, der USA, etwas anders angesehen werden. Dort habe ich eher den Eindruck, dass weltliche Übergänge (z. B. Auto fahren lernen, Schule abschliessen, vom Elternhaus ausziehen, Heiraten) eine viel grössere Bedeutung haben als religiöse.
Was ich aber sehr gut nachvollziehen kann ist es in einer Familie zu sein, der auf der einen Seite stark christlich (Missionaren-Familientradition) und auf der anderen Seite atheistisch ist. Dabei geht es bei mir nicht direkt um meine Eltern, die eher mystisch/magisch unterwegs waren, sondern um die übrige Verwandtschaft. Die christliche Hälfte der Familie glaubt wohl immernoch, dass ich mich mit Judentum beschäftige. In vielen Hinsichten kann ich mit ihnen über Sachen reden, die mir wichtig sind. Ich muss sie einfach in anderen Worten fassen (z. B. viele von ihnen lieben auch die Natur, sprechen aber von der "Schöpfung Gottes"). Als Odinanhänger nehme ich meine Beziehung zu ihm genauso ernst wie sie Jesus oder den christlichen Gott nehmen. Daher verstehen sie meine Hingebung viel besser als die Atheistischen Familienmitglieder auf der anderen Seite. Ich rede manchmal von "meinem Gott" und meine damit Odin und sie fassen es wohl auf als würde ich vom monotheistischen Gott sprechen. Wenn es um unsere Gefühle für unsere jeweiligen Götter geht, dann sehe ich es nicht einmal als irreleitend an, denn unsere Gefühle sind ja ähnlich, auch wenn unsere Götter unterschiedlich sind. Manchmal kann man auch Kompromisse schliessen, wie als ich meine Tante davon überzeugen konnte, dass Gott auch mittels Tarotkarten mit jemanden kommunizieren kann. Sie hat sich dann glatt überlegt selber Tarotkarten auszuprobieren, natürlich mit einem Gebet zusammen.
Während meiner jüdisch geprägten Zeit habe ich fasziniert vielen Leuten die Parallelen erklärt zwischen der Folklore um den Prophet Elija und dem Wandereraspekt von Odin. Man geht davon aus, dass der Elija möglicherweise sogar ein Engel sein könnte und es gibt sehr viele Geschichten in denen er als schäbiger Wanderer unterwegs ist und Gastfreundschaft damit belohnt, dass er Weisheit und Rat schenkt. Bei einigen davon könnte man fast meinen, dass sie übernommen wurden, wobei unklar wäre welches Volk es vom anderen abgeschaut hat. Natürlich ist es auch möglich, dass Odin manchmal unter einem anderen Namen vor Juden erscheint. Auf jeden Fall sind die Unterschiede zwischen dem Elija in den heiligen Schriften und den Elija in der Folklore sehr interessant.
Mit der atheistischen Seite der Familie kann ich viel offener sein. Sie verstehen zwar nicht wieso ich überhaupt an einem Gott, geschweige denn an viele Götter glaube, aber sie akzeptieren dass ich so bin. Das kommt aber vielleicht daher, dass sie nicht nur Atheisten, sondern auch "Unitarisch-Universalistisch" sind (falls der Begriff unbekannt ist, siehe http://www.unitarier.at/). Dafür finden sie es sehr interessant sich über meinen Glauben zu informieren. In der USA sind wir aber auch wahrscheinlich etwas abgetrennter von den Nazi-Assoziationen mit Asatru. Dort muss ich eher ab und zu jemanden erklären, dass nicht alle Deutsche Nazis sind. Wenn jemand mich fragt, erkläre ich ganz schlicht, dass jede Religion seine Spinner enthält, die eine recht laute Minderheit bilden. Ich habe z. B. einen Christen anschliessend gefragt, ob er glaubt, die Welt wäre in sechs Tagen erschaffen worden. Er war eher wissenschaftlich unterwegs, also lautete die Antwort "Nein". Dann habe ich ihn gefragt, was er davon halten würde, wenn alle von ihm glauben würden, dass er diesen Glauben hatte, nur weil er ein Christ war. Hätte er es dann nicht begriffen, dann hätte ich ihn gefragt ob er die Hexenverfolgung oder die Kreuzzüge als richtig ansehen würde. Irgendwie kommt man immer an die Leute heran, wenn sie dafür offen sind.
Manchmal gestaltet sich die Sache aber nicht so einfach. Mein Vater hatte lange Zeit starke Vorurteile gegenüber dem Islam. Es war aber nicht so, dass er glaubte alle Muslimen seien Fanatiker oder Terroristen. Er hat uns einfach als Kinder immer wieder erklärt, dass das Islam eine grosse Bedrohung für die "Westliche Kultur" sei, den zum Glück die Franzosen unter Karl Martell bei der Schlacht von Tours in 732 aus Europa vertrieben hatten. Das Problem an seinen Vorurteilen war, dass sie zu schwämmig waren um sie zu widerlegen. Er hatte ja nichts gegen Muslime, an sich, solange sich nicht zu viele davon in der "Westlichen Welt" breit machten. Er war aber, an und für sich, ein vernünftiger Mann (er ist inzwischen verstorben). Hätte ich ihm Beweise vorlegen können, dass das Islam keine Bedrohung sei, so hätte er sie in Betracht gezogen. Hätte er geglaubt, alle Muslime seien Fanatiker oder Terroristen, so hätte ich ihm genug Gegenbeispiele und Statistiken liefern können, dass er seine Meinung geändert hätte. Ich kenne deinen Vater nicht, also kann ich ihn nicht so gut abschätzen. Es gibt aber, auch im Internet, viele Gegenbeweise zu seiner Meinung über Asatru zu finden. Einige wurden auch bereits erwähnt. Du könntest einige zusammensuchen und ihm vorlegen, beziehungsweise anbieten. Du musst nicht einmal sagen, dass du dich selber zum Asatru hingezogen fühlst um die Beweise nüchtern mit ihm zusammen zu besprechen.
Ich weiss nicht ob du unter den Geschichten und Erfahrungen etwas brauchbares findest, aber da stehen sie nun. Auf jeden Fall ist es schön dich im Forum bei uns zu haben.