RE: (Be)Deutung des Havamals

#1 von Kolag_Hraban , 22.01.2013 22:33

Hallo,

Maculari hat sich die Mühe gemacht und einen Vorschlag zur Deutung der einzelnen Strophen des Havamals aus der Edda erarbeitet.
Dies möchte ich Euch nicht vorenthalten und stelle sie mit freundlicher Genehmigung von Maculari hier ein :


Das Havamal

1. Strophe
"Der Ausgänge halber, bevor du eingehst,
Stelle dich sicher,
Denn ungewiss ist, wo Widersacher
Im Hause halten"
-> Sicher heute nicht mehr ganz so relevant, wie damals, aber dennoch mit Aussage: Ist man sich einer Sache nicht sicher, ist ein Plan B hilffreich.

2. Strophe
"Heil dem Geber! Der Gast ist gekommen:
Wo soll er sitzen?
Atemlos ist, der unterwegs
Sein Geschäft besorgen soll."
-> Für wichtige Entscheidungen und Geschäfte sollte man sich Zeit und Ruhe nehmen.

3. Strophe
"Wärme wünscht, der vom Wege kommt
Mit erkaltetem Knie;
Mit Kost und Kleidern erquicke den Wandrer,
Der über Felsen fuhr."
-> Leuten in Not sollte geholfen werden, wenn sie sich an das eigene Haus wenden.

4. Strophe
"Wasser bedarf, der Bewirtung sucht,
Ein Handtuch und holde Nötigung.
Mit guter Begegnung erlangt man vom Gaste
Wort und Wiedervergeltung."
-> Bewirte deine Gäste gut und sie werden es dir gut zurück zahlen.

5. Strophe
"Witz bedarf man auf weiter Reise;
Daheim hat man Nachsicht.
Zum Augengespött wird der Unwissende,
Der bei Sinnigen sitzt"
-> Stelle dich unterwegs nicht zu dumm an, aber sei nachsichtig mit eigenen Besuchern, um sie nicht zu entblößen.

6. Strophe
"Doch steife sich niemand auf seinen Verstand,
Acht hab er immer.
Wer klug und wortkarg zum Wirte kommt
Schadet sich selten:
Denn festern Freund als kluge Vorsicht
Mag der Mann nicht haben."
-> Es ist besser vorsichtig mit sich und seinem Wissen umzugehen, als durch zu viel Preisgegebenes entblößt zu werden.

7. Strophe
"Vorsichtiger Mann, der zum Mahle kommt,
Schweigt lauschend still.
Mit Ohren horcht er, mit Augen späht er,
Und forscht zuvor verständig."
-> Mache dir ein eigenes Bild der Situation und deiner Mitmenschen und vertraue nicht blind.

8. Strophe
"Selig ist, der sich erwirbt
Lob und guten Leumund.
Unser Eigentum ist doch ungewiß
In des anderen Brust."
-> Hier muss ich leider passen.

9. Strophe
"Selig ist, wer selbst sich mag
Im Leben löblich raten,
Denn übler Rat wird oft dem Mann
Aus des andern Brust."
-> Vertraue lieber auf dein Gefühl und deine Meinung, da Fremde dir nicht immer wohlwollend gegenüber stehen.

10. Strophe
"Nicht Bessre Bürde bringt man auf Reisen
Als Wissen und Weisheit.
So frommt das Gold in der Ferne nicht,
In der Not ist nichts so nütze."
-> Wenn es wirklich darauf ankommt, hilft einem eigenes Wissen und Verständnis mehr, als jedes Geld, um zu Überleben.


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RE: (Be)Deutung des Havamals

#2 von Kolag_Hraban , 22.01.2013 22:34

Und weiter gehts:
11. Strophe
"Nicht üblern Begleiter gibt es auf Reisen
Als Betrunkenheit ist,
Und nicht so gut als mancher glaubt
Ist Äl den Erdensöhnen,
Denn um so minder, je mehr man trinkt,
Hat man seiner Sinne Macht"
-> Trinke Alkohol nur in Maßen, um deiner selbst kontrollieren zu können.

12. Strophe
"Der Vergessenheit Reiher überrauscht Gelage
Und stiehlt die Besinnung.
Des Vogels Gefieder befing auch mich
In Gunnlöds Haus und Gehege"
-> Trinke zu viel und du wirst die Besinnung verlieren.

13. Strophe
"Trunken ward ich und übertrunken
In des schlauen Fialars Felsen.
Trunk mag taugen, wenn man ungetrübt
Sich den Sinn bewahrt"
-> Alkohol und Rausch hilft dir nicht, deine Probleme zu lösen, wohl aber, wenn es dir gut geht.

14. Strophe
"Schweigsam und vorsichtig sei des Fürsten Sohn
Und kühn im Kampf.
Heiter und wohlgemut erweise sich jeder
Bis zum Todestag."
-> Lebe froh und optimistisch und deinem Schicksal angemessen.

15. Strophe
"Der unwerte Mann meint ewig zu leben,
Wenn er vor Gefechten flieht.
Das Alter gönnt ihm doch endlich nicht Frieden,
Obwohl der Speer ihn spart."
-> Aus Angst zu fliehen nützt wenig, da man dem Tod nicht entkommen kann.

16. Strophe
"Der Tölpel glotzt, wenn er zum Gastmahl kommt,
Murmelnd sitzt er und mault.
Hat er seinen Teil getrunken hernach,
So sieht man, welchen Sinns er ist."
-> Betrunken offenbart sich meist der wahre Sinn eines Menschen.

17. Strophe
"Der weiß allein, der weit gereist ist,
Und vieles hat erfahren,
Welches Witzes jeglicher waltet,
Wofern ihm selbst der Sinn nicht fehlt."
-> Erfahrung hilft uns, andere Menschen zu verstehen.

18. Strophe
"Lange zum Becher nur, doch leer' ihn mit Maß,
Sprich gut oder schweig.
Niemand wird es ein Laster nennen,
Wenn du früh zur Ruhe fährst"
-> Trinke und feier in Maßen, doch sage nur gutes. Gehe, wenn du es für richtig hälst.

19. Strophe
"Der gierige Schlemmer, vergißt er der Tischzucht,
Schlingt sich schwere Krankheit an;
Oft wirkt Verspottung, wenn er zu Weisen kommt,
Törichtem Mann sein Magen"
-> Weiß dich zu benehmen, sonst wird dir der Spott auf das Gemüt schlagen.

20. Strophe
"Selbst Herden wissen, wann zur Heimkehr Zeit ist,
Und gehn vom Grase willig;
Der Unkluge kennt allein nicht
Seines Magens Maß."
-> Kenne deine eigenen Grenzen.

Strophen zitiert aus: "Stange, Manfred; Die Edda; marixverlag, Wiesbaden, 2004; S.48 f."

Kleine Anmerkung zu den Namen: Fialar und Galar sind die zwei Zwerge, die den Óðrœrir brauten, Gunnlöd, Tochter Suttungs, verhalf Odin, diesen Met zu stehlen.


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RE: (Be)Deutung des Havamals

#3 von Kolag_Hraban , 22.01.2013 22:35

Und weiter gehts.

21. Strophe
"Der Armselige, Übelgesinnte
Hohnlacht über alles
Und weiß doch selbst nicht, was er wissen sollte,
Dass er nicht fehlerfrei ist."
-> Verspotte niemanden aufgrund seiner Fehler, du bist nicht besser.

22. Strophe
"Unweiser Mann durchwacht die Nächte
Und sorgt um alle Sachen;
Matt nur ist er, wenn der Morgen kommt,
Der Jammer währt, wie er war."
-> Mache dir Nachts nicht zu viele Gedanken, außer einem schlechten neuen Tag bringt es dir nichts.

23. Strophe
"Ein unkluger Mann meint sich alle hold,
Die ihn lieblich anlachen.
Er versieht es sich nicht, wenn sie Schlimmes von ihm reden,
so er zu Klügern kommt."
-> Nicht jeder, der dir Gutes sagt, ist dir auch wohl gesonnen.

24. Strophe
"Ein unkluger Mann meint sich alle hold,
Die ihm kein Widerwort geben;
Kommt er vor Gericht, so erkennt er bald,
Dass er wenig Anwälte hat."
-> Nur, weil dir die Menschen nicht widersprechen, heißt es nicht, dass sie deiner Meinung sind.

25. Strophe
"Ein unkluger Mann meint alles zu können,
Wenn er sich einmal zu wahren wußte.
Doch wenig weiß er, was er antworten soll,
Wenn er mit Schwerem versucht wird."
-> Eine Sache einmal geschafft zu haben, sagt wenig aus. Schwereres zu schaffen ist von Bedeutung.

26. Strophe
"Ein unkluger Mann, der zu andern kommt,
Schweigt am besten still.
Niemand bemerkt, dass er nichts versteht,
So lang er zu sprechen scheut.
Nur freilich weiß, wer wenig weiß,
Auch das nicht, wann er schweigen soll."
-> Wenn du nichts weißt, schweige besser, um dich nicht zu blamieren.

27. Strophe
"Weise dünkt sich schon, wer zu fragen weiß,
Und zu sagen versteht;
Doch Unwissenheit mag kein Mensch verbergen,
Der mit Leuten leben muss."
-> Suche nach Weisheit, um im Leben zu bestehen.

28. Strophe
"Der schwatzt zu viel, der nimmer geschweigt
Eitel unnützer Worte.
Die zappelnde Zunge, die kein Zaum verhält,
Ergellt sich selten Gutes."
-> Lieber weniger Gutes sagen, als viel Schlechtes.

29. Strophe
"Mach' nicht zum Spott der Augen den Mann,
Der vertrauend Schutz will suchen.
Klug dünkt sich leicht, der von keinem befragt wird
Und mit heiler Haut daheim sitzt."
-> Sicher und zu Hause lebt es sich leicht, also verspotte nicht die, denen es schlecht geht.

30. Strophe
"Klug dünkt sich gern, wer, Gast den Gast
Verhöhnend, Heil in der Flucht sucht.
Oft merkt zu spät, der beim Mahle Hohn sprach,
Wie grämlichen Feind er ergrimmte."
-> Vor dem Beleidigten flüchten hilft dir nicht, überlege besser vorher, was du wem sagst.

Strophen zitiert aus: "Stange, Manfred; Die Edda; marixverlag, Wiesbaden, 2004; S.49 f."


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RE: (Be)Deutung des Havamals

#4 von Kolag_Hraban , 22.01.2013 22:36

31. Strophe
"Zu oft geschieht's, daß sonst nicht Verfeindete
Sich als Tischgesellen schrauben.
Dieses Aufziehen wird ewig währen:
Der Gast grollt dem Gaste."
-> Ein gemeinsames Mahl bringt hin und wieder Themen ans Tageslicht, die sonst Freunde schnell entzweien können.

32. Strophe
"Bei Zeiten nehme den Imbiß zu sich,
Der nicht zu gutem Freunde fährt.
Sonst sitzt er und schnappt und will verschmachten
Und hat zum Reden nicht Ruhe."
-> Iss besser, bevor du weg gehst, denn du weißt nicht, ob du wieder etwas bekommst und wirst vor Hunger keine anderen Ziele verfolgen können.

33. Strophe
"Ein Umweg ist's zum untreuen Freunde,
Wohnt er gleich am Wege;
Zum trauten Freunde führt ein Richtsteig,
Wie weit der Weg sich wende."
-> Der Weg zum guten Freund ist immer lieber zu gehen, als der zu dem Freund, dem nicht zu vertrauen ist.

34. Strophe
"Zu gehen schickt sich, nicht zu gasten stets
An der selben Statt.
Der Liebe wird leid, der lange weilt
In des andern Haus."
-> Gehe lieber zeitig, als zu lang zu bleiben und so die Gastfreundschaft auszunutzen.

35. Strophe
"Eigen Haus, ob eng, geht vor,
Daheim bist du Herr,
Zwei Ziegen nur und dazu ein Strohdach
Ist besser als Betteln."
-> Wisse dein Heim zu schätzen, egal, wie es ist, denn es ist besser, als nichts zu haben.

36. Strophe
"Eigen Haus, ob eng, geht vor,
Daheim bist du Herr.
Das Herz blutet jedem, der erbitten muss
Sein Mahl alle Mittag."
-> Wie Strophe 35.

37. Strophe
"Von seinen Waffen weiche niemand
Einen Schritt im freien Feld:
Niemand weiß unterwegs, wie bald
Er seines Speeres bedarf."
-> Lasse die Dinge, die du zum Überleben benötigst, nicht zu weit von dir liegen, sonst fehlen sie dir, wenn du sie brauchst.

38. Strophe
"Nie fand ich so milden und kostfreien Mann,
Der nicht gerne Gab' empfing,
Mit seinem Gute so freigebig keinen,
Dem Lohn wär Leid gewesen."
-> Egal, wem du begegnest, niemand wird geschenktes Geld oder Gut ablehnen.

39. Strophe
"Des Vermögens, das der Mann erwarb,
Soll er sich selbst nicht Abbruch tun:
Oft spart man dem Leiden, was man dem Lieben bestimmt;
Viel fügt sich schlimmer als man denkt."
-> Höre nie auf, dein Vermögen zu vergrößern, denn du weißt nie, wie schnell schlechte Zeiten kommen.

40. Strophe
"Freunde sollen mit Waffen und Gewändern sich erfreun,
Den schönsten, die sie besitzen:
Gab' und Gegengabe begründet Freundschaft,
Wenn sonst nichts entgegen steht."
-> Hilf und lass dir von Freunden helfen und die Freundschaft wird eine gute sein, wenn es keine anderen Differenzen gibt.

Strophen zitiert aus: "Stange, Manfred; Die Edda; marixverlag, Wiesbaden, 2004; S.48 f."


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RE: (Be)Deutung des Havamals

#5 von Kolag_Hraban , 22.01.2013 22:37

41. Strophe
"Der Freund soll dem Freunde Freundschaft bewähren
Und Gabe gelten mit Gabe.
Hohn mit Hohn soll der Held erwidern,
Und Losheit mit Lüge."
-> Vergelte Dinge, die dir "gegeben" werden stets in gleichem Maße.

42. Strophe
"Der Freund soll dem Freunde Freundschaft bewähren,
Ihm selbst und seinen Freunden.
Aber des Feindes Freunde soll niemand
Sich gewogen erweisen."
-> Freunde deiner Freunde sind auch deine Freunde, doch nie die Freunde deiner Feinde.

43. Strophe
"Weißt du dem Freund, dem du wohl vertraust,
Und erhoffst du Holdes von ihm,
So tausche Gesinnung und Geschenke mit ihm,
Und suche manchmal sein Haus heim."
-> Möchtest du etwas von einem Freund, so gebe ihm auch etwas dafür.

44. Strophe
"Weißt du den Mann, dem du wenig vertraust,
Und hoffst doch Holdes von ihm,
Sei fromm in Worten und falsch im Denken
Und zahle Losheit mit Lüge."
-> Sei vorsichtig, wenn du einem wenig vertrauenswürdigen um etwas bittest und vertraue ihm nicht.

45. Strophe
"Weißt du dir wen, dem du wenig vertraust,
Weil dich sein Sinn verdächtig dünkt,
Den magst du anlachen und an dich halten:
Die Vergeltung gleiche der Gabe."
-> Vergelte Misstrauen stets mit Misstrauen.

46. Strophe
"Jung war ich einst, da ging ich einsam
Verlaßne Wege wandern.
Doch fühlt' ich mich reich, wenn ich andre fand:
Der Mann ist des Mannes Lust."
-> Froh ist der, der andere Menschen dort trifft, wo er sich eigentlich allein gedacht hat.

47. Strophe
"Der milde, mutige Mann ist am glücklichsten,
Den selten Sorge beschleicht;
Doch der Verzagte zittert vor allem,
Den Geizigen reut stets das Geschenk."
-> Befreie dich von Sorgen, um glücklich zu sein und mache dir nicht zu viele Gedanken.

48. Strophe
"Mein Gewand gab ich im Walde
Moosmännern zweien.
Bekleidet dünkten sie Kämpen (Kriegern) sich gleich,
Während Hohn den Nackten neckt"
-> Selten wird dir von Fremden Gabe mit Dank vergolten.

49. Strophe
"Der Dornbusch dort, der im Dorfe steht,
Ihm bleibt nicht Blatt noch Borke.
So geht es dem Mann, den niemand mag:
Was soll er länger leben?"
-> Wenig Sinn hat ein Leben, wenn du keinem nutzt, oder keine Freunde hast.

50. Strophe
"Heißer brennt als Feuer der Bösen
Freundschaft fünf Tage lang;
Doch sicher am sechsten ist sie erstickt
Und alle Lieb' erloschen."
-> Wahre Freundschaft wächst mit der Zeit.

Strophen zitiert aus: "Stange, Manfred; Die Edda; marixverlag, Wiesbaden, 2004; S.52 f."


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RE: (Be)Deutung des Havamals

#6 von Kolag_Hraban , 22.01.2013 22:38

51. Strophe
"Die Gabe muss nicht immer groß sein:
Oft erwirbt man mit wenigem Lob.
Ein halbes Brot, eine Neig' im Becher
Gewann mir wohl den Gesellen."
-> Oft reichen schon kleine Gesten, um viel zu bewirken.

52. Strophe
"Wie Körner im Sand, klein an Verstand,
Ist kleiner Seelen Sinn.
Ungleich ist der Menschen Einsicht;
Zwei Hälften hat die Welt."
-> Jeder Mensch ist unterschiedlich.

53. Strophe
"Der Mann muss mäßig weise sein,
Doch nicht allzu weise.
Das schönste Leben ist dem beschieden,
Der recht weiß, was er weiß."
-> Zu viel Wissen und Verständnis schaden ebenfalls, ein gesundes Maß ist am besten.

54. Strophe
"Der Mann muß mäßig weise sein,
Doch nicht allzu weise.
Des Weisen Herz erheitert sich selten,
Wenn er zu weise wird."
-> Zu viel Weisheit beschwert den Geist.

55. Strophe
"Der Mann muss mäßig weise sein,
Doch nicht allzu weise.
Sein Schicksal kenne keiner voraus,
So bleibt der Sinn ihm sorgenfrei."
-> Niemand kann wissen, was in der Zukunft liegt, also ist es sinnlos, sich deshalb zu sorgen.

56. Strophe
"Brand entbrennt an Brand, bis er zu Ende brennt,
Flamme belebt an Flamme.
Der Mann wird durch den Mann der Rede mächtig:
Im Verborgenen bleibt er blöde."
-> Gesellschaft verleitet zum Reden und dazu, wichtiger zu wirken, als man es eigentlich ist.

57. Strophe
"Früh aufstehen soll, wer den andern sinnt
Um Haupt und Habe zu bringen:
Dem schlummernden Wolf glückt selten Fang,
Noch schlafendem Mann ein Sieg."
-> Um etwas zu erreichen stehe früh auf.

58. Strophe
"Früh aufstehen soll, wer wenig Arbeiter hat,
Und schaun nach seinem Werke.
Manches versäumt, wer den Morgen verschläft:
Dem Raschen gehört der Reichtum halb."
-> Wie 57. Der frühe Vogel fängt den Wurm.

59. Strophe
"Dürrer Scheite und deckender Schindeln
Weiß der Mann das Maß,
Und all des Holzes, womit er ausreicht
Während der Jahreswende."
-> Wisse um die Dinge, die du zum Leben brauchst.

60. Strophe
"Rein und gesättigt reit' zur Versammlung,
Um schönes Kleid unbekümmert.
Der Schuh' und der Hosen schäme sich niemand,
Noch des Hengstes, hat er nicht guten."
-> Es ist unwichtig, welche Kleider du trägst, wichtig ist nur, gepflegt zu sein.

Strophen zitiert aus: "Stange, Manfred; Die Edda; marixverlag, Wiesbaden, 2004; S.53 f."


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RE: (Be)Deutung des Havamals

#7 von Kolag_Hraban , 22.01.2013 22:38

61. Strophe
"Zu sagen und zu fragen verstehe jeder,
Der nicht dumm will dünken.
Nur einem vertrau' er, nicht auch dem andern;
Wissen's dreie, so weiß es die Welt."
-> Geheimnisse sind nur so lange geheim, wie sie nur von zwei Leuten geteilt werden. Wisse, was und wie du sagst, um nicht dumm zu wirken.

62. Strophe
"Verlangend lechzt, eh er landen mag,
Der Aar auf der ewigen See.
So geht es dem Mann in der Menge des Volks,
Der keinen Anwalt antrifft."
-> Findest du nicht sofort eine Lösung für ein Problem, nehme dennoch nicht gleich die erst beste.

63. Strophe
"Der Macht muss der Mann, wenn er klug ist,
Sich mit Bedacht bedienen,
Denn bald wird er finden, wenn er sich Feinde macht,
Dass dem Starken ein Stärkrer lebt."
-> Sei vorsichtig mit deiner Macht, denn es gibt immer jemanden, der dich übertrumpfen kann.

64. Strophe
"Umsichtig und verschwiegen sei ein jeder
Und im Zutraun zaghaft.
Worte, die andern anvertraut wurden,
Büßt man oft bitter."
-> Sage besser zu wenig, als zu viel, denn das, was du nicht gesagt hast, kann dir nicht schaden.

65. Strophe
"An manchen Orten kam ich allzufrüh;
Allzuspät zu andern.
Bald war getrunken das Bier, bald zu frisch;
Unlieber kommt immer zur Unzeit."
-> Sei pünktlich, denn Unpünktlichkeit bringt nichts Gutes. - Schlechte Dinge kommen immer dann, wenn man sie gar nicht gebrauchen kann.

66. Strophe
"Hier und dort hätte mir Labung gewinkt,
Wenn ich des bedurfte.
Zwei Schinken noch hingen in des Freundes Halle,
Wo ich einen schon geschmaust."
-> Bist du Gast, so nutze dies nicht zu sehr aus, dein Gastgeber soll danach noch leben können.

67. Strophe
"Feuer ist das beste dem Erdgebornen
Und der Sonne Schein;
Nur sei Gesundheit ihm nicht versagt
Und lasterlos zu leben."
-> Zum Leben braucht der Mensch Feuer, Sonne, Gesundheit und Lasterlosigkeit.

68. Strophe
"Ganz unglücklich ist niemand, ist er gleich nicht gesund:
Einer hat an Söhnen Segen,
Einer an Freunden, einer an vielem Gut,
Einer an trefflichem Tun."
-> Auch wenn du nicht gesund bist, gibt es trotzdem Dinge in deinem Leben, die dich glücklich machen.

69. Strophe
"Leben ist besser, auch Leben in Armut:
Der Lebende kommt noch zur Kuh.
Feuer sah ich des Reichen Reichtümer fressen,
Und der Tod stand vor der Tür."
-> Egal, was dir passiert und passieren kann, es ist nicht so schlimm, solang du noch lebst.

70. Strophe
"Der Hinkende reite, der Handlose hüte,
Der Taube taugt noch zur Tapferkeit.
Blind sein ist besser als verbrannt werden:
Der Tote nützt zu nichts mehr."
-> Egal, was dich einschränkt, zu Leben lohnt es trotzdem, denn nur Tod bringst du keinem mehr etwas.

Strophen zitiert aus: "Stange, Manfred; Die Edda; marixverlag, Wiesbaden, 2004; S.54 f."


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RE: (Be)Deutung des Havamals

#8 von Kolag_Hraban , 22.01.2013 22:40

71. Strophe
"Ein Sohn ist besser, ob spät geboren
Nach des Vaters Hinfahrt.
Bautasteine (Gedenksteine) stehn am Wege selten,
Wenn sie der Freund dem Freund nicht setzt."
-> Auch nach dem Tod des Vaters ist ein Kind noch "gut" und Freunde sollen der Freunde gedenken, sowie den Hinterbliebenen helfen.

72. Strophe
"Zweie gehören zusammen, und doch schlägt die Zunge das Haupt.
Unter jedem Gewand erwarte dich eine Faust."
-> Auch die Allernähsten können dir zu jeder Zeit schaden.

73. Strophe
"Der Nacht freut sich, wer des Vorrats gewiss ist,
Doch herb ist die Herbstnacht.
Fünfmal wittert es in fünf Tagen:
Wie viel mehr im Monat!"
-> Auch gut vorgesorgt sind die Herbstnächte noch kühl und unangenehm.

74. Strophe
"Wer wenig weiß, der weiß auch nicht,
Dass einen oft der Reichtum äfft;
Einer ist reich, ein andrer arm:
Den soll niemand narren."
-> Verspotte nicht die, die weniger haben, als du selbst.

75. Strophe
"Das Vieh stirbt, die Freunde sterben,
Endlich stirbt man selbst;
Doch nimmer mag ihm der Nachruhm sterben,
Welcher sich guten gewann."
-> Wenn auch alles vergehen mag, die gute Erinnerung überdauert, also sorge für ihre Existenz!

76. Strophe
"Das Vieh stirbt, die Freunde sterben,
Endlich stirbt man selbst;
Doch eines weiß ich, das immer bleibt:
Das Urteil über den Toten."
-> Jeder behält sein Urteil über den Toten, also sorge dafür, dass es ein gutes ist!

77. Strophe
"Volle Speicher sah ich bei Fettlings Sprossen,
Die heuer am Hungertuch nagen:
Überfluss währt einen Augenblick,
Dann flieht er, der falsche Freund."
-> Sei dir stets gewiss, dass der eigene Überfluss schnell verschwunden sein kann, also lebe maßvoll.

78. Strophe
"Der alberne Geck, gewinnt er etwa
Gut oder Gunst der Frauen,
Gleich schwillt ihm der Kamm, doch die Klugheit nicht;
Nur im Hochmut nimmt er zu."
-> Lebe lieber klug und zurückhaltend, als hochmütig und um Anerkennung ringend.

79. Strophe
"Was wirst du finden, befragst du die Runen,
Die hochheiligen,
Welche Götter schufen, Hohepriester schrieben?
Das nichts besser ist als Schweigen."
-> Am besten ist es, nichts zu sagen.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

80. Strophe
"Den Tag lob' abends, die Frau im Tode,
Das Schwert, wenn's versucht ist,
Die Braut nach der Hochzeit, eh es bricht, das Eis,
Das Äl, wenn's getrunken ist."
-> Lobe die Dinge nicht voreilig, sondern immer erst dann, wenn sie sich bewährt haben.

Strophen zitiert aus: "Stange, Manfred; Die Edda; marixverlag, Wiesbaden, 2004; S.56 f."


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#9 von Kolag_Hraban , 22.01.2013 22:40

81. Strophe
"Im Sturm fäll' den Baum, stich bei Fahrwind in See,
Mit der Maid spiel' im Dunkeln: manch' Auge hat der Tag.
Das Schiff ist zum Segeln, der Schild zum Decken gut,
Die Klinge zum Hiebe, zum Küssen das Mädchen."
-> Tue die Dinge zur richtigen Zeit und nutze sie, wie sie dir am besten nutzen.

82. Strophe
"Trink' Äl am Feuer, auf Eis lauf' Schlittschuh,
Kauf' mager das Roß und rostig das Schwert.
Zieh' den Hengst daheim, den Hund im Vorwerk (landwirtschaftlicher Nebenhof eines Gutes)."
-> Den größten Gewinn bekommst du durch deine eigene Arbeit.

83. Strophe
"Mädchenreden vertraue kein Mann
Noch der Weiber Worten.
Auf geschwungenem Rad geschaffen ward ihr Herz,
Trug in der Brust verborgen."
-> Als Mann ist der Frau nur schwer zu trauen, da diese oft ganz anders denken, als man selbst es tut.

84. Strophe
"Krachendem Bogen, knisternder Flamme,
Schnappendem Wolf, geschwätziger Krähe,
Grunzender Bache, wurzellosem Baum,
Schwellender Meerflut, sprudelndem Kessel;"
-> Wird in folgenden Strophen fortgesetzt, jedoch handelt es sich hier um eine Aufzählung von Gefahren.

85. Strophe
"Fliegendem Pfeil, fallender See,
Einnächtigem Eis, geringelter Natter,
Bettreden der Braut, brüchigem Schwert,
Kosendem Bären und Königskinde;"
-> Weiterer Teil der Aufzählung gefährlicher Dinge.

86. Strophe
"Siechem Kalb, gefälligem Knecht,
Wahrsagendem Weib, auf der Walstatt Besiegtem,
Heiterm Himmel, lachendem Herrn,
Hinkendem Köter und Trauerkleidern;"
-> Fortgesetzte Aufzählung.

87. Strophe
"Dem Mörder deines Bruders, wie breit wär' die Straße,
Halbverbranntem Haus, windschnellem Hengst,
(Brich ihm ein Bein, so ist er unbrauchbar):
Dem allen soll niemand voreilig trauen."
-> Alle hier aufgezählten Dinge beschreiben mehr oder weniger attraktive und unscheinbare Dinge, die auf den ersten Blick ungefährlich scheinen, jedoch zu einer wahren Gefahr, oder zu großem Ärger heranwachsen können, also traue auch dem wenig gefährlich anmutenden nicht so einfach, sondern bilde dir stets eine Meinung aufgrund deines eigenen Verstandes!

88. Strophe
"Frühbesätem Feld trau nicht zu viel,
Noch altklugem Kind.
Wetter braucht die Saat und Witz das Kind:
Das sind zwei zweiflige Dinge."
-> Du selbst hast nie alles in der Hand, also vergiss nicht, dass auch sichere Dinge fehlschlagen können.

89. Strophe
"Die Liebe der Frau, die falschen Sinn hegt,
Gleicht dem unbeschlagnem Roß auf schlüpfigem Eis,
Mutwillig, zweijährig und übel gezähmt;
Oder steuerlosem Schiff auf stürmender Flut,
Der Gemsjagd des Lahmen auf Bergwand."
-> Nur die Hoffnung allein macht aus einer schlechten Idee keine gute.

90. Strophe
"Offen bekenn' ich, der beide wohl kennt,
Der Mann ist dem Weibe wandelbar;
Wir reden am schönsten, wenn wir am schlechtestem denken:
So wird die Klügste geködert."
-> So falsch eine Frau auch sein kann, der Mann ist nicht besser.

Strophen zitiert aus: "Stange, Manfred; Die Edda; marixverlag, Wiesbaden, 2004; S.57 f."


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RE: (Be)Deutung des Havamals

#10 von Kolag_Hraban , 22.01.2013 22:41

91. Strophe
"Schmeichelnd soll reden und Geschenke bieten
Wer des Mädchens Minne (Liebe) will,
Den Liebreiz loben, der leuchtenden Jungfrau:
So fängt sie der Freier."
-> Um eine Frau zu gewinnen mach ihr Komplimente und Geschenke. (Und vieles mehr.)

92. Strophe
"Der Liebe verwundern soll sich kein Weiser
An dem andern Mann.
Oft fesselt den Klugen, was den Toren nicht fängt,
Liebreizender Leib."
-> Die eigene Liebe ist und muss nicht für jeden anderen verständlich sein.

93. Strophe
"Unklugheit wundre keinen am andern,
Denn viele befällt sie.
Weise zu Tröpfen wandelt auf Erden
Der Minne Macht."
-> Liebe macht die Menschen selten klüger, also sei nachsichtig mit ihnen.

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94. Strophe
"Das Gemüt weiß allein, das dem Herzen innewohnt
Und seine Neigung verschließt,
Daß ärger Übel den Edeln nicht quälen mag
Als Liebesleid."
-> Kaum ein anderes Leid schmerzt mehr, als der Liebeskummer.

95. Strophe
"Selbst erfuhr ich das, als ich im Schilfe saß
Und meiner Holden harrte.
Herz und Seele war mir die süße Maid;
Gleichwohl erwarb ich sie nicht."
-> Egal, wie sehr du liebst, vergiss nicht, dass es trotzdem nicht klappen muss.

96. Strophe
"Ich fand Billungs Maid auf ihrem Bette
Weiß wie die Sonne, schlafend.
Aller Fürsten Freude fühlt' ich nichtig,
Sollt' ich ihrer länger ledig leben."
-> Keine Freude im Leben macht mehr Freude, wenn die Liebe unerfüllt bleibt.

97. Strophe
"'Am Abend sollst du, Odin, kommen,
Wenn du die Maid gewinnen willst.
Nicht ziemt es sich, daß mehr als zwei
Von solcher Sünde wissen.'"
-> Lasse dich nicht erwischen, wenn du die Maid besuchst. [Wahrscheinlich christlich geprägt.]

98. Strophe
"Ich wandte mich weg, Erwidrung hoffend,
Ob noch der Neigung ungewiss;
Jedennoch dacht' ich, ich dürft' erringen
Ihre Gunst und Liebesglück."
-> Um ihre Gunst zu gewinnen muss man durchaus auch einmal einen Schritt zurück machen.

99. Strophe
"So kehrt' ich wieder: da war zum Kampf
Strenge Schutzwehr auferweckt,
Mit brennenden Lichtern, mit lodernden Scheitern
Mir der Weg verwehrt zur Lust."
-> Verschiebe nie, um ihre Gunst zu kämpfen, denn du weißt nicht, was in der Zukunft passiert und sich zwischen euch stellt.

100. Strophe
"Am folgenden Morgen fand ich mich wieder ein,
Da schlief im Saal das Gesind;
Ein Hündlein sah ich statt der herrlichen Maid
An das Bett gebunden."
-> Wie Strophe 99.

Strophen zitiert aus: "Stange, Manfred; Die Edda; Wiesbaden, 2004; S.58 f."


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RE: (Be)Deutung des Havamals

#11 von Kolag_Hraban , 22.01.2013 22:42

101. Strophe
"Manche schöne Maid, wer's merken will,
Ist dem Freier falsch gesinnt.
Das erkannt' ich klar, als das kluge Weib
Verlocken wollte zu Lüsten.
Jegliche Schmach tat die Schlaue mir an,
Und wenig ward mir des Weibes."
-> Frauen können ein falsches Spiel mit dir spielen, auch wenn du aufrichtig an ihr interessiert bist.

102. Strophe
"Munter sei der Hausherr und heiter bei Gästen
Nach geselliger Sitte,
Besonnen und gesprächig: so schein' er verständig,
Und rate stets zum Rechten."
-> Sei bei dir zu Hause stets vernünftig.

103. Strophe
"Der wenig zu sagen weiß, wird ein Erztropf genannt,
Es ist des Albernen Art."
-> Nicht jede Beleidigung ist auch wirklich als eine solche gemeint.

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104. Strophe
"Den alten Riesen besucht' ich, nun bin ich zurück:
Mit Schweigen erwarb ich da wenig.
Manch Wort sprach ich zu meinem Gewinn
In Suttungs Saal."
-> Mit den richtigen Worten erwirbt man meißt am meisten.

105. Strophe
"Gunnlöd schenkte mir auf goldnem Sessel
Einen Trunk des teuern Mets.
Übel vergolten hab' ich gleichwohl
Ihrem heiligen Herzen,
Ihrer glühendem Gunst."
-> Auf schmeichelnde Worte folgt jedoch meist eine Lüge.

106. Strophe
"Ratamund ließ ich den Weg mir räumen
Und den Berg durchbohren;
In der Mitte schritt ich zwischen Riesensteigen
Und hielt mein Haupt der Gefahr hin."
-> Oft führt eine List durch Gefahren zum Ziel.

107. Strophe
"Schlauer Verwandlungen Frucht erwarb ich,
Wenig mißslingt dem Listigen.
Denn Odhörir ist aufgestiegen
Zur weitbewohnten Erde."
-> Die List ist meist auf Seite der wortgewandten.

108. Strophe
"Zweifel heg' ich, ob ich heim wär' gekehrt
Aus der Riesen Reich,
Wenn mir Gunnlöd nicht half, die herzige Maid,
Die den Arm um mich schlang."
-> Um selbst zu überleben ist es manchmal nötig, andere zu täuschen.

109. Strophe
"Die Eisriesen eilten des andern Tags,
Des Hohen Rat zu hören
In des Hohen Halle.
Sie fragten nach Bölwerkr (Übeltäter, hier Odin), ob er heimgefahren sei
Oder ob er durch Suttung fiel."
-> In meinen Augen eine rein erzählerische Strophe.

110. Strophe
"Den Ringeid, sagt man, hat Odin geschworen:
Wer traut noch seiner Treue?
Den Suttung beraubt' er mit Ränken des Mets
Und ließ sich Gunnlöd grämen."
-> All die Listen bringen dir zwar einen Vorteil, doch auch das Misstrauen der anderen.

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Strophen zitiert aus: "Stange, Manfred; Die Edda; Wiesbaden, 2004; S.59 f."


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RE: (Be)Deutung des Havamals

#12 von Kolag_Hraban , 22.01.2013 22:43

Loddfafnirs Lied

111. Strophe
"Zeit ist's zu reden vom Rednerstuhl.
An dem Brunnen Urds (Schicksalsbrunnen)
Saß ich und schwieg, saß ich und dachte
Und merkt der Männer Reden."
-> Erzählerische Strophe eines Treffens der Asen an Urds Brunnen.

112. Strophe
"Von Runen hört' ich reden und vom Ritzen der Schrift
Und vernahm auch nütze Lehren.
Bei des Hohen Halle, in des Hohen Halle
Hört' ich sagen so:"
-> Ebenfalls erzählerische Strophe mit Hinweisen auf Runen als Schrift.

113. Strophe
"Dies rat' ich dir Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Steh nachts nicht auf, wenn die Not nicht drängt,
Du wärst denn zum Wächter geordnet."
-> Bleibe nachts besser liegen, sonst wirst du noch ungewollt Zeuge und damit Verantwortlicher für etwas.

114. Strophe
"Das rat' ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
In der Zauberfrau Schoß schlaf du nicht,
So daß ihre Glieder dich gürten."
-> Lasse dich nicht auf Menschen ein, deren Beweggründe du nicht verstehen kannst.

115. Strophe
"Sie betört dich so, du entsinnst dich nicht mehr
Des Gerichts und der Rede der Fürsten,
Gedenkst nicht des Mahls noch männlicher Freuden,
Sorgenvoll suchst du dein Lager."
-> Solche Menschen benutzen dich und bringen dich um den Verstand.

116. Strophe
"Das rat' ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Des andern Frau verführe du nicht
Zu heimlicher Zwiesprach."
-> Sei nicht zu vertraut mit der Frau eines andern. Weder körperlich, noch geistig.

117. Strophe
"Das rat' ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Über Furten und Felsen so du zu fahren hast,
So sorge für reichlich Speise."
-> Wenn du auf Reisen bist, die mit Pech länger dauern können, nimm ausreichend Proviant mit.

118. Strophe
"Dem übeln Mann eröffne nicht,
Was dir Widriges widerfährt:
Von argem Mann erntest du nimmer doch
So gutes Vertrauns Vergeltung."
-> Behalte deine üblen Erfahrungen für dich, denn sie können bei den falschen Leuten gegen dich verwendet werden.

119. Strophe
"Verderben stiften einem Degen sah ich
Üblen Weibes Wort:
Die giftige Zunge gab ihm den Tod,
Nicht seine Schuld."
-> Erst das Reden über eine Tat macht diese zu etwas Falschem.

120. Strophe
"Gewannst du den Freund, dem du wohl vertraust,
So besuch ihn nicht selten,
Denn Strauchwerk grünt und hohes Gras
Auf dem Weg, den niemand wandelt."
-> Wenn du die Freunde nicht besuchst, wird die Freundschaft verloren gehen.

121. Strophe
"Das rat' ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Guten Freund gewinne dir zu erfreuender Zwiesprache;
Heilspruch lerne, so lange du lebst."
-> Bemühe dich in deinem Leben um Dinge, die dir von Nutzen sind.

122. Strophe
"Altem Freunde sollst du der erste
Den Bund nicht brechen.
Das Herz frißt dir Sorge, magst du keinem mehr sagen
Deine Gedanken all."
-> Brich eine Freundschaft nicht unüberlegt, denn du brauchst sie.

123. Strophe
"Das rat' ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Mit ungesalznem Narren sollst du
Nicht Worte wechseln."
-> Sprich nicht mit Leuten, von denen du weißt, dass es keinen Zweck hat.

124. Strophe
"Von albernem Mann magst du niemals
Guten Lohn erlangen.
Nur der Wackere mag dir erwerben
Guten Leumund durch sein Lob."
-> Lob von jemandem, der wenig respektiert wird, bringt dir nichts, weils bei keinem Gewicht hat.

125. Strophe
"Das ist Seelentausch, sagt einer getreulich
Dem andern alles, was er denkt.
Nichts ist übler als unstet zu sein:
Der ist kein Freund, der zu Gefallen spricht."
-> In einer guten Freundschaft spricht jeder die Wahrheit, ist immer treu und jeder kann jeden Gedanken teilen.

126. Strophe
"Das rat' ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Drei Worte nicht sollst du mit dem Schlechtern wechseln:
Oft unterliegt der Gute,
Der mit dem Schlechten streitet."
-> Sprich nicht mit denen, die falsche Absichten hegen, denn du kannst gegen sie nichts gewinnen.

127. Strophe
"Schuhe nicht sollst du noch Schäfte machen
Für andre als für dich:
Sitzt der Schuh nicht, ist Krumm der Schaft,
Wünscht man dir alles Übel."
-> Tue die Dinge nur für dich, sonst wirst du für jeden Fehler verantwortlich gemacht.

128. Strophe
"Das rat' ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Wo Not du findest, deren nimm dich an;
Doch gib dem Feind nicht Frieden."
-> Helfe denen, die es brauchen, aber nicht den Feinden, auch wenn dieser in Not ist.

129. Strophe
"Das rat' ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Dich soll andrer Unglück nicht freuen;
Ihren Vorteil laß dir gefallen."
-> Nutze den Vorteil aus dem Unglück anderer, aber freue dich nicht daran.

130. Strophe
"Das rat' ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Nicht aufschaun sollst du im Schlachtgetöse:
Ebern ähnlich wurden oft Erdenkinder;
So aber zwingt dich kein Zauber."
-> Konzentriere dich, auf das, was du tust.


131. Strophe
"Willst du ein gutes Weib zu deinem Willen bereden
Und Freude bei ihr finden,
So verheiß ihr Holdes und halt es treulich:
Des Guten wird die Maid nicht müde."
-> Um eine Frau von dir zu überzeugen, versprich gutes und halte es auch.

132. Strophe
"Sei vorsichtig, doch sei's nicht allzusehr.
Am meisten sei's beim Met
Und bei des andern Weib; und wahre dich
Zum dritten vor der Diebe List."
-> Sei nur mit dem Alkohol, fremden Frauen und Dieben besonders vorsichtig.

133. Strophe
"Mit Schimpf und Hohn verspotte nicht
Den Fremden noch den Fahrenden.
Selten weiß, der zu Hause sitzt,
Wie edel ist, der einkehrt."
-> Verspotte Leute nicht vorschnell, da du nicht sofort weißt, wer sie sind.

134. Strophe
"Laster und Tugenden liegen den Menschen
In der Brust beieinander.
Kein Mensch ist so gut, daß nichts ihm mangle,
Noch so böse, daß er zu nichts nütze."
-> Jeder Mensch hat seine Stärken und Schwächen.

135. Strophe
"Haarlosen Redner verhöhne nicht:
Oft ist gut, was der Greis spricht.
Aus welker Haut kommt oft weiser Rat;
Hängt ihm die Hülle gleich,
Schrinden ihn auch die Schrammen,
Der unter Wichten wankt."
-> Es lohnt sich, auf alte Menschen zu hören, da sie oft erfahrenen Rat geben können.

136. Strophe
"Das rat' ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Den Wandrer fahr' nicht an noch weis' ihm die Tür:
Gib dem Gehrenden gern."
-> Helfe denen, die auf Reisen zu dir kommen.

137. Strophe
"Stark wär' der Riegel, der sich rücken sollte,
Allen aufzutun.
Gib einen Scherf (geringwertige Münze); dies Geschlecht sonst wünscht
Dir alles Unheil an."
-> Hier bin ich nun wirklich überfragt.

138. Strophe
"Dies rat' ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst:
Wo Äl getrunken wird, ruf' die Erdkraft an:
Erde trinkt und wird nicht trunken.
Feuer hebt Krankheit, Eiche Verhärtung,
Ähre Vergiftung,
Der Hausgeist häuslichen Hader.
Mond mindert Todsucht,
Hundbiß heilt Hundshaar,
Rune Beredung;
Die Erde nehme Naß auf."
-> Hier werden ein paar Hinweise auf die Heilung bestimmter Krankheiten gegeben. Wenn zu viel getrunken wird, schütte es auf die Erde, die verträgt es besser, als du.

Strophen zitiert aus: "Stange, Manfred; Die Edda; Wiesbaden, 2004; S: 61-64"



zum Schluss noch einmal meinen besonderen Dank an Maculari der sich viel Arbeit gemacht hat !


Grüsse Kolag Hraban



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