RE: Verkannte Philosophen

#1 von Bruder Eberhard , 05.02.2015 17:50

In diesem Thread können Philosophen und Metaphysiker aus der B-, C- oder sogar aus der D-Liga aufgelistet werden, welche heutigentags (oder bereits zu Lebzeiten) verkannt, verschmäht, als Ketzer verurteilt worden oder aus sonstigen Gründen relativ unbekannt oder vergessen sind, obwohl sie vielleicht gerade in spiritueller Hinsicht etwas zu bieten hätten.

Also bitte NICHT solche Philosophen, welche weltweit an allen Universitäten zum einheitlichen akademischen Bildungskanon gehören und die interessanterweise auch zumeist eine tendenziell anti-spirituelle, rationalistische Philosophie vertraten wie z.B. Aristoteles, René Descartes, Immanuel Kant (und die anderen Aufklärer), Hegel, Heidegger, Sartre oder die Existentialisten der Frankfurter Schule (Adorno, Horkheimer, Marcuse). Und bitte auch nicht solche Querdenker, die weltweit allzu berühmt sind wie Schopenhauer oder Nietzsche.


NEIN, hier soll jener mutigen Denker gedacht werden wie des folgenden einfachen Schuhmachers (wobei ich den Text, den ich in diesem Forum in einem anderen Thread über ihn geschrieben habe, hier "herüberrette"):


Nun denn, dann werfe zu jenem Thema, für das alle anderen gestimmt haben, zwei zeitlose Zitate von Jakob Böhme (1575-1624) ein, der nur ein einfacher Schuhmacher, Philosoph, Mystiker und Alchimist war, jedoch jeglicher höheren Bildung entbehrend. Böhme war zwar zutiefst in der christlichen und biblischen Symbolwelt zu Hause, aber es wäre wünschenswert, wenn mehr Menschen eine religionsübergreifend dermassen tolerante Grundhaltung an den Tag legen würden, so wie er es tat.

Es mag wohl nicht überraschen, dass zu jenen Hoch-Zeiten der Hexenprozesse (vor allem in Deutschland und in der Schweiz!) Jakob Böhme in Görlitz von der evangelischen Kirche, der er angehörte, verfolgt, verleumdet und wiederholt verklagt wurde sowie Kerkerhaft, Bücherverbrennungen, Folter und Rufmordkampagnen erleiden musste - und noch todkrank auf dem Sterbebett von der evangelischen "Inquisition" quasi zu Tode verhört wurde. Die evangelischen Ordnungshüter dürften ihm wohl sprichwörtlich geraten haben: "Schuster, bleib' bei deinen Leisten!"


Hier nun also die zwei Zitate von Jakob Böhme, von denen ich mir wünschte, dass auch heutzutage, rund 400 Jahre später, mehr Menschen sie zu Herzen nähmen:

"Wahrlich es ist nur ein Gott: wenn aber die Decke von deinen Augen gethan wird, dass du ihn siehest und erkennest, so wirst du auch alle deine Brüder sehen und erkennen; es seyen gleich Christen, Juden, Türcken oder Heiden. Oder meinst du, dass Gott nur der Christen Gott sey? Leben doch die Heiden auch in Gott: Wer recht thut, ist ihm angenehm."

"Es ist die grösste Thorheit in Babel, dass der Teufel hat die Welt um die Religion zanckende gemacht, dass sie um selbstgemachte Meinung zancken, um die Buchstaben; da doch in keiner Meinung das Reich GOttes stehet, sondern in Kraft und der Liebe."


Und weil es so schön ist, noch folgendes Zitat von Jakob Böhme:

"Uns Menschen in dieser Welt ist daran am meisten gelegen, dass wir das Verlorene wieder suchen. So wir nun wollen suchen, so müssen wir nicht ausser uns suchen!"


(Allerdings muss ich anmerken, dass - abgesehen von diesen und anderen herrlichen Zitaten - ich persönlich in letzter Konsequenz keineswegs mit Jakob Böhmes Philosophie übereinstimme, trotz gewisser phantastischer Ansätze.)

 
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RE: Verkannte Philosophen

#2 von Bruder Eberhard , 05.02.2015 18:32

Frithjof Schuon

(geb. 1907 in Basel, Schweiz; gest. 1998 in Bloomington, Indiana, USA)


Dieser faszinierende Schweizer Religionsphilosoph (mit Elsässer Abstammung) ist weltweit nur einer winzig kleinen Anhängerschaft bekannt. Frithjof Schuon war u.a. ein Orientalist, Dichter, Künstler, hochgradig eingeweihter islamischer Sufi-Mystiker und Ehrenmitglied bei einem Stamm nordamerikanischer Sioux-Indianer (!).

Als Philosoph wird er dem sogenannten Integralen Traditionalismus zugerechnet (Schuon war ein Schüler von René Guénon) sowie der Philosophia Perennis, bzw. der Religio Perennis, also der "ewigen Philosophie", die - unabhängig vom scheinbaren Wandel der Zeiten und der Vergänglichkeit - auf der mystisch-metaphysischen Ebene den gemeinsamen inneren, unwandelbaren, transzendenten Wesenskern ALLER Religionen herauszukristallisieren versucht, jedoch ohne die äusseren (exoterischen) Riten der verschiedenen Religionen miteinander zu vermischen (also KEIN Synkretismus!).

Zu den weiteren philosophischen Einflüssen Frithjof Schuons gehörte der Platonismus, bzw. der Neuplatonismus, genauso wie der hinduistische Advaita-Vedanta, daneben der Sufismus, christliche Mystiker wie Meister Eckhart und der indianische Schamanismus. Schuon hatte eine ausserordentlich charismatische und sympathische Ausstrahlung, wodurch er sich locker als eine Art Guru HÄTTE inszenieren können, es aus philosophischer Bescheidenheit aber eben genau NICHT tat.

Als Sufi-Meister war Frithjof Schuon jedoch auch bekannt unter dem Namen Scheich Issa Nureddin Ahmad al-Shadhili al-Darqawi al-Alawi al-Maryami.


Als Schuons Hauptwerk gilt die theistische Schrift "Von der inneren Einheit der Religionen" (Originaltitel: "De l'unité transcendante des religions"), in welcher er insbesonders den hierarchischen Unterschied zwischen Exoterik und Esoterik (= Metaphysik und Mystik) heraushebt. Ausserdem ging es ihm ebenfalls um die Unterscheidung zwischen dem Absoluten und dem Relativen.


Schuon hat u.a. folgende Verse gedichtet (rückübersetzt aus dem Englischen):

"Der Mensch betet, und das Gebet formt den Menschen.
Der Heilige ist selbst zum Gebet geworden,
dem Treffpunkt von Erde und Himmel;
dadurch enthält er das Universum,
und das Universum betet mit ihm.
Er ist überall, wo die Natur betet,
und er betet mit ihr und in ihr:
auf den Gipfeln, welche die Leere und die Ewigkeit berühren;
in einer Blume, die ihren Duft verströmt;
im sorgenfreien Lied eines Vogels.

Derjenige, der im Gebet lebt, hat nicht umsonst gelebt."


Im Jahre 1991 wurde Frithjof Schuon als 84-Jähriger an seinem letzten Wohnort in den USA interviewt. Leider besitze ich nicht den ganzen Film, aber auf Youtube finden sich folgende kürzere, jedoch völlig geniale, prägnant formulierte Ausschnitte, trotz der religionsphilosophischen Schwere in ziemlich leicht verständlichem Englisch, des Verständnisses halber sogar noch untertitelt, da Schuon mit einem sympathischen, baslerisch gefärbten Akzent sprach:

1. "The Perennial Framework":
https://www.youtube.com/watch?v=q-jodOB6vVQ

2. "Transcendent Unity":
https://www.youtube.com/watch?v=PcnNTB-QXDs

3. "Beauty and Symbolism":
https://www.youtube.com/watch?v=yMvq5y8jcJ0

4. "Esoteric Islam":
https://www.youtube.com/watch?v=4zeJYM_G1Ok

5. "American Indians":
https://www.youtube.com/watch?v=H1A6_BnBM_4

6. "Frithjof Schuon on his Philosophy":
https://www.youtube.com/watch?v=0s2H0ScJSMY


Bilder aus seinem Leben und anderes:
https://www.youtube.com/watch?v=VGiKDhwdrcA

Und:
"Biography clip 1":
https://www.youtube.com/watch?v=yTf854ff7iY&feature=related

"Biography clip 2":
https://www.youtube.com/watch?v=xPJ8URMTy5I&feature=related

"Biography clip 4":
https://www.youtube.com/watch?v=YvzOA-MzqX8&feature=related

 
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RE: Verkannte Philosophen

#3 von jensen , 05.02.2015 18:48

Wie ich es gerade gelesen habe, da fiel mir ein, worauf du hingewiesen hast: " den Text rüber gerettet". Ich habe es schon mal gelesen.
So ist das mit den Posts, Threats - die sind dann irgendwo im Dschungel des Netzes, so auch in unserem Forum...

Leider kann ich keine Philosophen nennen, die solch religiöse Ansätze haben. Jene die du ausgeschlossen hast, kenn ich. Die anderen nicht

Aber zurück zu den Zitaten von Jakob Böhme, insbesondere diesem: "Uns Menschen in dieser Welt ist daran am meisten gelegen, dass wir das Verlorene wieder suchen. So wir nun wollen suchen, so müssen wir nicht ausser uns suchen!"

Hier hatte ich beim letzten Stammtisch den gleichen Gedanken als es um den Glauben innerhalb/ mit der (großen) weltpolitischen Veränderungen ging.
Ich möchte mehr innen suchen, vor allem finden und fühlen. Ich möchte da in unsicheren Situationen mich als Zentrum meines Lebens fühlen. Dies ist aktuell ein Ziel, welches ich hier und da wieder erlebe. Ich nutze dazu auch wieder mal Qi-Gong (speziell Daoyin). Räucherungen...

Es sind die Wege, die jeden zu sich führen. Dazu gehören auch vermeintliche Irrwege. Hier möchte ich die heutige mediale Zerstreuung nennen, die nach meiner Erfahrung Einfluss auf die Spiritualität hat. Seht ihr das auch so?

Der Beginn des Satzes, dass jedem daran "am meisten gelegen" ist, ist eine Frage der Auslegung. Da ich hier die Entscheidung des Individuums in Frage stelle, bekommt der Satz eine andere Bedeutung. (jetzt muß ich den Schopenhauer doch zitieren: "Der Mensch kann zwar tun was er will, aber nicht wollen, was er will") Die Frage ist "was suche ich?" oder "wen?" Und vor allem "wie" wir suchen.


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RE: Verkannte Philosophen

#4 von Bruder Eberhard , 05.02.2015 20:17

Ja, was die "mediale Zerstreuung" betrifft, so gibt es schon seine Gründe, warum ich noch nie ein Handy besessen habe und vor zehn Jahren den Fernseher rausschmiss.

Zu Deinen löblichen Bestrebungen, Jensen, kann ich Dir den sehr bescheiden wirkenden Weisheitslehrer Eckhart Tolle (geb. 1948) empfehlen, der auf Englisch, Deutsch und Spanisch in ganz einfachen, klaren Worten auf einer sympathischen Weise den Menschen "Erlösung" und ein inneres Gefühl für Transzendenz einzig und allein durch Gegenwärtigkeit und Achtsamkeit, ganz im Hier und Jetzt, vermitteln möchte. Meiner Meinung nach macht er das ganz hervorragend. Sein Hauptwerk heisst "Jetzt! Die Kraft der Gegenwart". Und als anregendes Ergänzungswerk, wie man im Alltag konkret und vertiefend diesen gegenwartsbewussten, erleuchteten Zustand auf ganz einfache Weise erlangen kann: "Leben im Jetzt". Es gibt auf Youtube in den genannten drei Sprachen auch zahlreiche Mitschnitte von Vorträgen mit ihm. Von seinem bescheidenen, ungekünstelten und fast schüchtern wirkenden Auftreten her ist er ebenfalls so ein richtiger "Anti-Guru".

(Oh, jetzt habe ich hier durch diese Empfehlung unbeabsichtigt einen weiteren "Philosophen" im weitesten Sinne vorgestellt, der jedoch mittlerweile weltweit bei Sinnsuchern aller Art sehr populär ist. Allerdings machen die Universitäten wahrscheinlich bis zum Ragnarök einen Riesenbogen um Leute wie Eckhart Tolle, wodurch er trotzdem irgendwie hierher passt.)


Bei Jakob Böhme würde ich nicht so sehr auf den Worten herumreiten. Schelling und Hegel würdigten ihn 200 Jahre später als "grossen Philosophen", komischerweise sogar Karl Marx, obwohl sie alle Böhmes holprige, "barbarische" Sprache kritisierten. Aber Jakob Böhme schrieb immer wieder von sich selbst, er sei halt nur ein einfacher und gar einfältiger Schuhmacher ohne höhere Gelehrtenbildung.

Böhmes Zitat halte ich dennoch, Schopenhauers Determinismus' hin oder her, für völlig richtig: "Uns Menschen in dieser Welt ist daran am meisten gelegen, dass wir das Verlorene wieder suchen. So wir nun wollen suchen, so müssen wir nicht ausser uns suchen!"

Böhme meinte damit "DAS Verlorene" an sich. Er hat jedoch nicht konkretisiert, WAS mit "das Verlorene" gemeint sei. Die verlorene Jugend? Die eigene Kindheit? Der Mutterleib? Das verlorene Paradies (Milton)? Die ewige Liebessehnsucht des Mannes nach einer Frau, also nach der "verlorenen" anderen Hälfte des Universums, sowie die ewige Sehnsucht der Frau aus denselben Gründen nach einem Mann? Die Sehnsucht nach innerem (und äusserem) Seelenfrieden? Die Sehnsucht nach der übersinnlichen Welt der Asen- und Vanengötter? Oder nach Atlantis? Die Sehnsucht nach absoluter Glückseligkeit (Boëthius)? Die Sehnsucht nach DEM Absoluten? Die Sehnsucht nach Ewigkeit? Nach Gott? Nach dem heiligen Gral?

Jakob Böhme, der sehr wohl in die Bereiche Meditation und Kontemplation vordrang, meinte mit "das Verlorene" zweifelsohne DAS ALLES zusammen, was ich eben aufgelistest habe. Und noch unendlich mal viel mehr. (In seinem Werk "Christosophia" bekennt Jakob Böhme teilweise in derben Worten, dass selbstverständlich auch er selber wie alle anderen triebgesteuert hinter den Frauen her sei.)

Man könnte also sagen, dass die bei den meisten Menschen UNBEWUSSTE Suche nach dem Verlorenen der eigentliche Urtrieb hinter ALLEM im Leben ist. Und je reiner man diesen Urtrieb nach dem NICHT konkretisierten "Verlorenen", wohinter also eigentlich das unnennbare transzendente, immanente und omnipräsente ABSOLUTE steckt, in sich selbst BEWUSST sucht und herauskristallisiert, desto eher verliert man sich auf der individuellen Suche nach dem Absoluten auch nicht in Süchten oder anderen fehlgeleiteten Handlungen, welche relativen Ersatz für das Verlorene bieten sollen.


Ein mir unbekannter privater Sprecher mystischer Texte auf Youtube, offenbar ein Meditationslehrer, spricht hier auf eine geniale, mitreissende Weise einen Text von Jakob Böhme (Dauer: 9:30 Minuten). Allerdings hat der Sprecher Böhmes Originaltext von sämtlichem christlichen Wortschatz "bereinigt". Das Original liegt mir zwar nicht schriftlich vor, zumal die meisten von Böhmes Schriften heutzutage ausserordentlich schwer erhältlich sind, aber ich habe so viel darüber herausgefunden, dass original viel mehr Wörter wie "Gott" vorkommen oder sogar "Engel". Der Sprecher hat diese religiösen Begriffe mit unverfänglichen Wörtern aus der Meditation, bzw. Kontemplation ausgetauscht. Macht nix, es ist trotzdem völlig genial und bis zum Schluss sehr sehenswert und inspirierend:
https://www.youtube.com/watch?v=GITOEDPs5e8


Hoffentlich wurde mein obiger zweiter Beitrag in diesem Thread über den Schweizer Religionsphilosophen Frithjof Schuon nicht übersehen, der mir persönlich noch viel mehr am Herzen liegt...

 
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RE: Verkannte Philosophen

#5 von jensen , 05.02.2015 21:20

Hab mir grad das Video angeschaut: genial.

Da kommt die Philosophie mal auf ganz leisen Sohlen (weil unbekannt) und bringt mir ein Staunen, wie ich es von früher kenne, als ich über "Sophies Welt" und "In Harmonie mit dem Unendlichen" von Ralph Waldo Trine las.
Ha, da kann ich doch einen Denker benennen

Hier eine Textzeile:

"Ich bin eins mit dem unendlichen Geist des Lebens, er ist meines Lebens Leben. Ich bin also Geist, ein geistiges Wesen und kann meiner wahrer Natur nach gar keine Krankheit kennen. Ich öffne also meinen Geist dem unendlichen Geist des Lebens und gerade jetzt, im gegenwärtigen Augenblick, durchflutet es meinen Körper und der Prozess der Heilung geht vor sich" (dies hab ich vor über 1,5 Jahrzehnten mal auswendig gekonnt und hier ist die Erinnerung)
Muß dieses alte Buch aus den 20er des letzten Jahrhundert mal wieder lesen...

Zurück zum Thema: Was Böhme da im 16./17. Jh. geschrieben hat: Hut Ab! Macht Lust auf mehr.

Eckart Tolle kenn ich vom Namen und oberflächlich Inhalte seiner Werke. Jedoch hab ich mich seit fast 10 Jahren nicht mit solchen Themen beschäftigt.

Deinen anderen Beitrag hab ich gelesen und mir auch einige Videos von Frithjof Schuons angeschaut. Auch da sehr gute Gedanken und Bestätigung eigener!


Fange nie an aufzuhören, höre nie auf anzufangen.

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RE: Verkannte Philosophen

#6 von Bruder Eberhard , 23.02.2015 17:45

"Sofies Welt" von Jostein Gaarder las ich mal vor über 20 Jahren, es ist zwar ganz nett, aber nicht unumstritten (obwohl die nordische Mythologie darin grosszügig vertreten ist). Anhand einiger Anhaltspunkte stellt sich bei der näheren Textanalyse jedoch heraus, dass das Buch um Gaarders persönlichen Lieblingsphilosophen Berkeley herum aufgebaut ist. Und dass in einer "Geschichte der Philosophie" Nietzsche mit einem halben Nebensatz abgetan wird und Schopenhauer überhaupt keine Erwähnung findet, wurde schon von mehreren Kritikern bemängelt.

Der Name Ralph Waldo Trine sagte mir bisher überhaupt nichts, aber das Zitat gefällt mir.


Irgendwann einmal wird es mit diesem Thread vermutlich weitergehen, z.B. mit den heidnischen Neuplatonikern Porphyr / Porphyrios (bedeutendster Schüler von Plotin, lehnte das Christentum vehement ab), Jamblich / Jamblichos (Schüler von Porphyr, vermischte Philosophie endgültig mit heidnischer Esoterik, Ritualen und Götterbeschwörungen) oder mit einem der allerletzten grossen Heiden, nämlich Proklos, obwohl von all denen praktisch fast nichts auf Deutsch übersetzt erhältlich ist, nicht einmal Zitate. Oder mit dem christlichen Mystiker Pseudo-Dionysius Areopagita (der möglicherweise ein Schüler des heidnischen Proklos war). Oder mit Boëthius, der - zum Tode verurteilt - in einer Zelle sein Meisterwerk "Trost der Philosophie" verfasste, welches gar keinem Religionsbekenntnis zuzuordnen ist.

Oder mit neueren hochinteressanten Philosophen, die allgemein keiner beachtet, aber deren wenige, einzelgängerische Anhänger dafür umso "fanatischer" sein können, wie beim brillianten kolumbianischen (!) Aphoristiker Nicolás Gómez Dávila (1913-1994), der sich als Südamerikaner in einem höheren zeitlosen, metaphysischen, mittelalterlichen, byzantinischen, apolitischen und "sakralmonarchistischen" Sinne eigentlich zwar zum Katholizismus bekannte, aber bezüglich des Heidentums folgende positive Aussagen machte:

"Das Heidentum ist das andere Alte Testament der Kirche."
(El paganismo es el otro Antiguo Testamento de la Iglesia.)

Und aus einem ausnahmsweise etwas längeren Text von Gómez Dávila, da er ansonsten ausschliesslich kurze, knappe Aphorismen vefasste, die man gar nicht aus dem Gesamtkontext reissen kann, weil der Autor sie selbst schon herausgerissen hat:

"... Mehr als christlich, vielleicht bin ich ein Heide, der an Christus glaubt."
(... Más que cristiano, quizá soy un pagano que cree en Cristo.)


Irgendwann einmal vielleicht wieder mehr...

 
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RE: Verkannte Philosophen

#7 von Bruder Eberhard , 28.04.2016 12:27

Der scharfsinnige, analytische, aber spirituelle Schweizer Religionsphilosoph Armin Risi, Autor zahlreicher hervorragender Bücher, der gegenüber den meisten Religionen und auch dem Heidentum grundsätzlich überaus freundlich gesinnt ist, stellt sich in diesem neueren, knapp halbstündigen Video selbst vor und erläutert kurz seinen Werdegang sowie das Wesentliche seines Denkens und Schaffens (am Rande auch über seinen Bezug zum Schamanismus).

Armin Risi - Ganzheitliche Wissenschaft und Medizin (knapp 30 Minuten):

https://www.youtube.com/watch?v=C1A1XxiBkLA

 
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